Tag und Nacht Balance
von Thea Sieber
Wenn Menschen Balancen fixieren, was sie gerne immer wieder versuchen,
entsteht etwas Unnatürliches: Ein Stand-Punkt oder ein „Block“ oder Maschinen, die wie Wiederholungszwänge sind.
Balancen sind oft auch eine Krise, ein Wackeln zwischen vorwärts und rückwärts und seitwärts und im Kreis herum.
In diesem Herbst schwingt etwas eher Unheilvolles, empfindlich balancierend, in der gesellschaftlichen Luft: So, wie es sehr viele Unentschlossene bezüglich der Wahl gibt, so scheint es Krisen zwischen Depression und Aufbruchsrucken zu geben.
Eigentlich ist der Herbst Genusszeit und Aktionszeit. Es ist alles da und es ist nicht zu warm und nicht zu kalt. Aber selten habe ich im Herbst so viele Menschen mit Müdigkeitssyndromen und einer sehr dünnen Konflikthaut erlebt.
Balancen kann Mensch nicht ‚halten‘. Balancen kann Mensch nur Balancieren. Balancieren ist, Balancen zu verlassen: Immer wieder im Vertrauen auf Leben, Inbalance zu provozieren. Das ist zum Beispiel Gehen. Das ist jede Art von Bewegung. Das ist Gesundheit: Vertrauen in Ungleichgewichte, die neue Gleichgewichte bewirken.
Text: G. Tiemeyer & G. Klaus DGAM
Bild: Albrecht Fietz